Montag, 5. Februar 2024

Landesinteresse oder Bankeninteresse: Zur demokratischen Legitimation der SNB-Geldpolitik

Seit Juni 2022 erhöhte die SNB ihren Leitzins in fünf Schritten von -0,75 Prozent auf 1.75 Prozent.

Grund dafür war Bekämpfung des Inflationsdruckes, bzw. die Senkung der Inflationsrate unter 2 Prozent. 

Mittlerweilen ist die Inflation wieder unter zwei Prozent gefallen.

Unsere Geldpolitik brachte die gewünschten Resultate, sagt die SNB, wir konzentrieren uns auf die Preis- und Finanzstabilität.

Ob dieser Inflationsrückgang eine Folge der Zinserhöhungen ist, rsp. ganz oder teilweise auf andere Faktoren zurückgeht und in welchem Mix, ist allerdings eine offene Frage, deren Beantwortung nicht Thomas Jordan und den SNB-Ökonomen überlassen werden darf. 

Die Inflationsrate nach SNB-Definition ist ein makroökonomischer Wert zur Fütterung theoretischer Wirtschaftsmodelle, welcher die Verminderung der Kaufkraft der Bevölkerung durch Preissteigerungen der effektiven Lebenskosten immer weniger widerspiegelt.

Die Geldpolitik der SNB verabsolutiert das Ziel, diesen Wert zwischen O und 2 Prozent zu stabilisieren. Die Erhaltung der realwirtschaftlichen Kaufkraft hat dabei keine Bedeutung. 

Damit schraubt Thomas Jordans aktuelle Geldpolitik am verfassungsmässigen Mandat, wonach die SNB für die Geldwertstabilität unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung im Landesinteresse zuständig ist.

Schraubt er zuviel kommt der Punkt, wo die SNB die ihr zugestandene Unabhängigkeit missbraucht, und die demokratische Legitimation der Geldpolitik flöten geht.

Bankeninteresse

Als Folge der SNB-Leitzinserhöhungen verzeichnen fast alle Schweizer Banken für 2023 eine Steigerung der operativen Ergebnisse.

Hauptgrund dafür ist die infolge Leitzinserhöhungen laufend gestiegene Verzinsung der Girokonten inländischer Banken bei der SNB. Zahlenmässig flossen dadurch etwa 8 bis 9 Milliarden Franken von der SNB zu den Banken. Und bleiben dort, weil das Bankenkartell die Zinserhöhungen nicht an die Sparer weitergibt.

Der Grossteil der Bestände auf den Girokonten inländischer Banken stammt nicht, wie man meinen könnte, aus betriebswirtschaftlich erzielten Erträgen dieser Institute am Finanzmarkt.

Bei diesen Beständen handelt es sich vielmehr um von der SNB aus dem Nichts geschaffenes Zentralbankengeld, das die technische Abwicklung der jahrelangen SNB-Eurokäufe auf die Girokontos bei der SNB spülte.

Trotzdem begann die SNB im vergangenen Jahr erst nach externer Kritik gewissen Sorten von Girogeld die Bezugsberechtigung von Zinsen zu streichen.

Im Schweizer Geldsystem zirkulieren heute sowohl überschüssige Girogelder, die die Banken mästen, als überschüssige Währungsreserven, welche grosse Ertragsschwankungen produzieren.

Beides ist aus Sicht allgemeiner Landesinteressen unerwünscht, doch die SNB schweigt.

Mittwoch, 10. Januar 2024

Der Franken im Weltwährungskrieg ⎯ Zur Geldpolitik der Nationalbank

Wie sagte doch kürzlich Claudio Borio:

"It made me realize that, a lot of the stuff that I had learned at university about monetary policy, and how interest rates were set and so on, was honestly completely wrong. I had to put it out of my mind and start all over again in this new world. And here, it's precisely in this world of monetary policy implementation that one can fully understand the power of central banks comes from."

Borio ist Oxford PhD in Economics, Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und gilt in Zentralbankenreisen als einer der weltweit besten Kenner der Problematik der Umsetzung von geldpolitischen Konzepten in die Wirklichkeit von Weltwirtschaft, Welthandel und Weltfinanz.

Es wäre zu hoffen, dass sich das SNB-Direktorium von Borios Einsicht inspirieren lässt ⎯ Allein mir fehlt der Glaube.

Thomas Jordan, Martin Schlegel und Antoine Martin agieren als neoliberale Techniker der Geldpolitik. Und halten hartnäckig am nunmehr 25jährigen Geldmengenkonzept der SNB fest, in dessen Zentrum eine Inflationsprognose und ein Inflationsziel zwischen 0 und 2 Prozent steht.

Das ist gleich in doppelter Weise überholt. Zum einen gründet dieses Konzept auf, laut Borio komplett falsche Vorstellungen der Wirkungsmechanismen von Geld- und Zinspolitik. Und zum anderen leben wir nicht mehr in der Epoche der dollarzentrierten, globalisierten anglo-amerikanischen Globalisierung, während der das SNB-Geldmengenkonzept entstand.

Kein Wunder häufen sich zurzeit die negativen Auswirkungen der SNB-Geldpolitik. Das SNB- Inflationsziel von 0 bis 2 Prozent verliert für gewöhnlich sterbliche Lohnabhängige zunehmend seine Relevanz, weil damit immer weniger über die individuelle Kaufkraft ausgesagt werden kann.

Gleichzeitig schaden die ca. 10 Milliarden Franken SNB-Subventionen für das Bankensystem im vergangenen Jahr, bei gleichzeitiger Null-Dividende für Bund und Kantone, den wirtschaftlichen Landesinteressen der Schweiz.

Die enorme Bankensubvention, im Fall der UBS zusätzlich zum CS-Schnäppchenpreis, kommt zustande, weil die grossteils zu 1.75 Prozent verzinsten Reserveeinlagen des Bankensystems bei der SNB  nicht aus der Deponierung von selbsterwirtschafteten Gewinnen der jeweiligen Banken bei der SNB resultieren. Vielmehr handelt es sich dabei um von der SNB aus der Luft geschaffene Franken, die im technischen Prozess der einstigen massiven SNB-Eurokäufe entstanden. Diese auf geldpolitischen Entschieden entstandenen, beim privaten Bankensystrem gelandeten Reserveeinlagen hat das SNB-Direktorium nicht rückgebaut. Obwohl das meines Erachtens dringend ansteht.

Auf die Einflussfaktoren Geopolitik, Wirtschafts- und Währungskrieg gehen die Techniker vom SNB-Direktorium in ihren routinemässigen geldpolitischen Lagebeurteilungen jeweils nicht ein. Obwohl diese Faktoren den Frankenkurs stark mitbestimmen.

Den Währungskrieg nicht vergessen, wer flüstert es dem mittlerweilen allmächtig gewordenen SNB-Präsidenten ins Ohr?

Donnerstag, 4. Januar 2024

Credit Suisse: Wer ist schuld am Untergang und welche Lehren müssen gezogen werden?

Der Zusammenbruch der Bank Credit Suisse (CS) ist nicht bloss eine Wirtschaftsaffäre.

Der Bankensektor ist nebst dem Gesundheitssektor der staatlich höchstregulierte Wirtschaftssektor, was den Verlust von Alfred Eschers Kronjuwel des Schweizer Wirtschaftsliberalismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Staatsaffäre macht.

Folglich muss die Schuldfrage sowohl aus der Perspektive des operativen Bankgeschäftes, als auch aus dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Landesinteressen betrachtet werden.

Betrieblich stürzten die Abzocker aus Verwaltungsrat und Geschäftsleitung, sowie einige Grossaktionäre die CS in den Abgrund. Mehrheitlich Ausländer, weil die CS bereits zu Beginn der 1990er Jahre zu einer bezüglich Führungspersonal, Arbeitsplätzen und Aktionariat entnationalisierte, vollglobale Grossbank mutierte.

Allein, auch nachdem nur noch Name, Geschichte und ein, wenn auch beträchtliches, so doch dem globalen Investment- und Vermögensverwaltungsgeschäft untergeordnetes Binnengeschäft schweizerisch waren, blieb die Bank rechtlich stets in der Schweiz inkorporiert.

Daraus resultiert die Crash-Mitschuld der vier hiesigen Staatskörperschaften Bundesrat, Parlament, FINMA und Nationalbank, die das Schweizer Bankensystem gemäss Verfassung und Gesetz regulieren, überwachen, kontrollieren und wenn nötig sanktionieren müssen.

Doch statt den Kipppunkt des CS-Zerfalls im Herbst 2022 zu erkennen, was meines Erachtens möglich gewesen wäre, haben diese vier allesamt geschlafen und erst reagiert, als es zu spät war.

Heute waschen sie sich die Hände in Unschuld.

"Die Verantwortung trägt die Führungsriege", sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter im NZZ-Interview (28.12.23), "sie hat die Bank in den Untergang geführt. Das war ein jahrelanger Zerfallsprozess". 

Schuld sind die anderen, eine billigere Selbstabsolution und Rechtfertigung den Ausnahmezustand auszurufen und Notrecht anzuwenden, gibt es für eine Bundesrätin nicht.

Ganz abgesehen davon, dass der Bundesrat auch als Wahlgremium des Direktoriums der Nationalbank, und des Verwaltungsrats der Finanzmarktüberwachung FINMA in der Verantwortung steht.  

Faul ist auch die Selbstabsolution auf der SNB-Webseite: “Die SNB hat ihre Rolle als Kreditgeberin in letzter Instanz vollumfänglich erfüllt. Es hat nie eine Situation gegeben, in der Liquidität beantragt worden ist, und die SNB diese verweigert hätte.”

SNB-Präsident Thomas Jordan muss vorausschauend agieren, nicht warten bis es knallt. Er hätte längst erkennen müssen, dass der jährliche Finanzstabilitätsbericht seiner Ökonomen das Risiko eines CS-Crashs jahrelang nicht adäquat abbildete.

FINMA-Chefin Marlene Amstad, deren Behörde am Pulsschlag des Bankensystems agiert, hätte den CS-Kipppunkt bei der ersten grossen Liquiditätskrise im Herbst 2022 als erste erkennen müssen. Doch auch sie verkannte, was es geschlagen hatte.

Zum Schluss noch ein Wörtchen zu den politischen Versagern im National- und Ständerat, die nach der staatlichen UBS-Rettung in der Finanzkrise 2008 ein völlig unbrauchbares "To-big-to-fail"-Gesetz legiferierten. 

Das war umso schlimmer, als im Nachgang der 2008er Krise der Vorschlag einer völligen juristischen, kapitalmässigen und organisatorischen Trennung von Geschäftsbanken und Investmentbanken auf dem Tisch lag.

Ein solches Trennbankengesetz hätte die CS-Geschäftsbank von den Fehlspekulationen und dubiosen Geschäften der CS-Investmentbanker abgeschottet.

Im Parlament eingebracht worden, waren die Trennbanken seinerzeit von den damaligen Nationalräten Corrado Pardini (SP) und Christoph Blocher (SVP) mit einem gleichlautenden Vorstoss. Leider liessen sich die beiden die Trennbanken von ihren jeweiligen Parteigenossen wieder abkaufen.

(Mittlerweilen wurde Pardini sowohl im Nationalrat, als auch in der UNIA-Geschäftsleitung von Tamara Funiciello weggefegt, was meines Erachtens sowohl die Gewerkschaften, als auch die SP schwächte, doch das ist eine andere Geschichte.)

Was sind die Lehren?

Aus bankbetriebswirtschaftlicher Sicht bleibt das Trennbankenprinzip das beste Rezept, den volkswirtschaftlichen Schaden eines allfälligen Crashs des Wasserkopfes UBS zu minimieren. Die UBS-Schweiz, inklusive globale Vermögensverwaltung ist per Gesetz völlig von der UBS-Investmentbank zu trennen.

Aus Sicht der wirtschaftlichen Landesinteressen gilt es die gesetzliche Regulation, Kontrolle, Überwachung inklusive Sanktionsregime im Finanzsektor es als Reaktion auf den CS-Crash strukturell zu stärken.

Doch davor scheinen die vier erwähnten verantwortlichen politischen Körperschaften zurückzuschrecken.

Das Parlament debattiert meines Wissens keinen dringlichen Vorstoss für ein Trennbankensystem.

Während der oberste Geldpolitiker Jordan und die freisinnige Finanzministerin Keller-Sutter unverdrossen im Einklang mit den neoliberalen Dogmen der Trennung von Wirtschaft und Staat sowie der politisch unabhängigen Zentralbank agieren. 

Was umso unverständlicher ist, als sich Finanzminister und Zentralbankchefs anderswo zunehmend annähern. In den USA, im Vereinigten Königreich, in China und Russland sowieso, verschmelzen Geldpolitik und Fiskalpolitik. (Ausnahme von der Regel ist das Euroland als reine Währungsunion ohne Fiskalunion; ist der Hauptgrund, weshalb dem Euro keine gute Zukunft prognostiziert werden kann.)

Der unipolare, Dollar-dominierte, globale Finanzkapitalismus neoliberaler Prägung, der die Weltfinanz seit Mitte der 1980er Jahre dominiert, ist ein Auslaufmodell. Eine multipolare, re-regionalisierte, staats- oder finanzkapitalistisch ausdifferenzierte Weltfinanz steht vor der Tür.

Die Zeichen an der Wand stehen für einen >>Umbruch im Weltfinanzsystem. Doch SNB-Präsident Jordan und Finanzministerin Keller-Sutter sehen das Menetekel nicht.

Das Verhalten der Schweiz in der anstehenden Frage der Behandlung der eingefrorenen Russischen Währungsreserven und Privatvermögen - Rückgabe oder Konfiskation zuhanden der Ukraine - wird zum Lackmustest, ob das auch zukünftig so bleibt.

Sonntag, 25. Juni 2023

Alain Berset ins Nationalbankdirektorium

Gemäss ihrem Mandat ist die Nationalbank (SNB) verpflichtet, mit ihrer Geldpolitik der Schweiz Preisstabilität zu gewährleisten, und dabei der Wirtschaftskonjunktur Rechnung zu tragen.

Das zurzeit zweiköpfige SNB-Direktorium aus Thomas Jordan und Martin Schlegel weckt wachsende Zweifel, ob es noch auf der Höhe seiner verfassungsmässigen und gesetzmässigen Verpflichtungen agiert.

Wie ich in meinem Blog vom 22. Juni abgehandelt habe, liegt der Grund dafür in den verfehlten theoretischen Grundlagen der SNB-Geldpolitik, nämlich einem mechanisch angewendeten, orthodoxen Neoliberalismus.

Die von Jordan und Schlegel zu verantwortende Geldpolitik weigert sich zur Kenntnis zu nehmen, dass sie konzeptuell auf Prämissen basiert, die seit der Finanzkrise 2008 auf dem Totenbett darniederliegen, und seit der Russischen Invasion in der Ukraine mausetot sind.

Ganz abgesehen davon, dass die beiden auch beim Abgang der CS eine schlechte Figur machen.

Illusionäre Finanzstabilitätsbeurteilungen und Geldpolitik ohne Geopolitik sind nicht im wirtschaftlichen Landesinteresse der Schweiz.

Es geht darum, die Geldpolitik zukunftsfähig zu machen. Das heisst Schluss mit den rein mechanischen Anpassungen des Zinsniveaus sowie Deviseninterventionen nach veraltetem, neoliberalen Kochbuch.

Auch die Geldpolitik muss den kommenden Entwicklungen im Welfinanzsystem Rechnung tragen. Ferner müssen die Milliardensubventionen an das Bankensystem beendet werden. Die Sichteinlagen des Bankenssystems entstanden leistungslos aus der Mechanik der langjährigen Eurokäufe, darauf haben die Banken keinen Zinsanspruch.

Gleichzeitig muss das Ausschüttungsreglement an Kantone und Bund korrigiert werden.

Vielleicht könnte Sozialdemokrat Berset den beiden neoliberalen Technikern im Nationalbankdirektorium auf die Sprünge helfen.

Der sozialdemokratische Alt-Bundesrat ist mit 51 Jahren noch jung, Doktor der Wirtschaftswissenschaften, Stresserprobt und auch sonst mit vielen Wassern gewaschen.

Ende Monat tritt Nationalbankdirektoriumsmitglied Andréa Maechler zurück

Berset würde den Mix im Direktorium zweifelsohne verbessern.


Donnerstag, 22. Juni 2023

Das neoliberale Dogma ritzt das Mandat der Nationalbank: Geldpolitik ohne Geopolitik

Nationalbank-Präsident Thomas Jordan ist ein Techniker der Geldpolitik, ein neoliberaler Ökonom, der 1997 nach der Uni direkt zur Nationalbank (SNB) wechselte, und vom Bundesrat nach einer schönen Karriere vom wissenschaftlichen Mitarbeiter bis zum Direktor 2007 ins dreiköpfige SNB-Direktorium berufen wurde.

Auch SNB-Vize Martin Schlegel ist ein Techniker der Geldpolitik, ein neoliberaler Ökonom, der 2003 nach der Uni direkt zur SNB wechselte, und vom Bundesrat nach einer gleichermassen schönen Karriere bis zum Direktor  2022 zum SNB-Vizepräsident berufen wurde.

Die dritte im Bunde des SNB-Direktoriums, Andréa Maechler, kam 2015 weniger als Technikerin der Geldpolitik ins Direktorium, sondern weil dort aus Proporzgründen eine französischsprechende Frau benötigt wurde. Nachdem die Schlegel-Berufung ihre Aspirationen auf das Vizepräsidium desavouierte, wechselt Maechler per Ende Monat zur BIZ. Ihre Nachfolgerin ist noch unbekannt.

Die von der SNB über die Jahre entwickelten Methoden von Prognostik und Bekämpfung der Inflation, folgen dem Lehrbuch der neoliberalen Geldpolitik ebenso getreu, wie Definition und Pflege der Finanzstabilität.  

Zur Senkung der Inflation auf unter 2 Prozent setzen Jordan und Schlegel primär auf Zinspolitik, höhere Zinsen sollen die Konjunktur bremsen, was gemäss neoliberalem Kochbuch Preissteigerungen bremst. 

In zweiter Linie kommt die Währungspolitik zum Einsatz, das heisst Devisenverkäufe zur Stärkung des Frankenkurses, was die Importe verbilligt.

Diesen inflationssenkenden Effekt erhofft sich die SNB mit der heute verfügten Erhöhung des Leitzinses von 1.5 auf 1.75 Prozent zu erreichen. Falls es anders kommt, wird der Zins weiter erhöht. 

Dass die Mieten infolge höherer Hypozinsen steigen, und in den Unternehmen ein Lohndruck zur Kompensation der höheren Kapitalkosten entsteht, nimmt der neoliberale Geldpolitiker in Kauf.  

Die Stärkung des Bankensystems durch den höheren Zins auf Sichteinlagen auch. Die Tatsache dass das Bankenkartell den Sparern diese Zinseinkünfte nicht weitergibt wird toleriert. 

Nachdem die Banken bis vor etwa einem Jahr der SNB noch Negativzinsen zahlen mussten, kassiert das Bankensystem nach den heutigen Konditionen insgesamt pro Jahr eine hohe einstellige Milliardensumme Zins auf Sichteinlagen.

Das alte Scheissspiel neoliberaler Geldpolitik: Wir zahlen, die Banken kassieren.

So weit so schlecht. Aber es kommt noch schlechter.

Die neoliberalen Dogmatiker Jordan und Schlegel machen Geldpolitik ohne Geopolitik.

Die SNB sieht auf absehbare Zeit keine Anzeichen einer Schwächung der Vormachtsstellung des US-Dollars im Weltwährungssystem.

Meines Erachtens ein gröberer Fehler des Führungspersonal der SNB, die durch ihr verfassungsmässiges Mandat den wirtschaftlichen Landesinteressen verpflichtet ist.

Das neoliberale Dogma der wettbewerbsgetriebenen Marktwirtschaft die ihre Gleichgewichte selber findet, wenn die Politik sie nur lässt, behindert die umfassende Analyse der Informationen aus den globalen Devisenmärkten, wo die SNB mit ihren enormen Devisenreserven ein Megaplayer ist.

Und, noch wichtiger, neoliberale Geldpolitik ohne Geopolitik verkennt die die steigende Bedeutung des Schweizer Frankens als weltweite Zahlungs- Wertaufbewahrungs- und Spekulationswährung auf dem Hintergrund des aktuellen Währungskrieges Dollar/Euro/Yuan/Rubel.

Montag, 3. April 2023

Make it or break it - the tasks facing Sergio Ermotti, Thomas Jordan and Karin Keller-Suter

Switzerland's financial centre has been shaken to its foundations by the collapse of Credit Suisse and the subsequent shotgun marriage between CS and UBS, Switzerland's largest bank, arranged by Swiss Finance Minister Karin Keller Sutter and Swiss National Bank (SNB) Governor Thomas Jordan.

The demise of CS is the end of the symbiosis between the small country and its two global financial giants.

The new UBSplus will have to shrink the global investment banking of CS and liquidate CS as a counterparty of the global SIFIs and shadow banks.

As far as domestic business is concerned, Ermotti can take the best parts for himself and sell the rest to other Swiss banking groups such as Raiffeisen or the cantonal banks.

This may work, as it will be done under the protection of the SNB's CHF 250bn liquidity backstop facility, a further CHF 9bn special state facility for UBS to cover hanging CS problems, plus a de facto promise by the Swiss government to do whatever it takes to get out of the crisis.

In political terms, the Swiss Ministry of Finance and the SNB have been privatised in the interests of UBSplus.

This leaves Finance Minister Keller-Suter and SNB Governor Jordan, as the public custodians of the Swiss financial centre, in an awkward position.

Ermotti's UBSplus will continue to be deeply rooted in dollar-based global financial capitalism of the Anglo-American variety.

A system that is being challenged by an emerging alternative, multipolar, multi-currency, politically centered around China and Russia.

The institutions of this alternative are here, the technology is second to none and the petrodollars and petrorubles are beginning to flow.

But largely without Swiss banks.

Will Keller-Suter and Jordan do something to change that? Or won't they?

Will they opt for a neutral financial centre as an interface for a future multi-polar, multi-currency system, or a small financial centre within a shrunken Anglo-American system?

The choice they make is going to be crucial, not only for Switzerland's financial sector, but for the Swiss economy as a whole.

Mittwoch, 29. März 2023

Colm Kelleher: Schweizer sein hilft, aber das UBS-Geschäft ist global

Der Tessiner solls nochmals richten.

UBS-Präsident Colm Kelleher hat auf den Punkt gebracht, weshalb Sergio Ermotti die beste Wahl für die Integration der CS in die UBS ist, er kennt sowohl das Schweizer, als auch das globale Banking.

Ermottis Aufstieg startete im Tessin. Seine KV-Stifti bei der Cornèr Bank Lugano begann in der guten alten Zeit, als die Geldköfferliträger die Grenze in Chiasso noch problemlos passieren konnten. Dann kam 1977 der SKA-Skandal, wegen illegaler Machenschaften bei der SKA-Filiale Chiasso in Milliardenhöhe; damals waren Steuerhinterziehung und Drogengeldwäsche noch untrennbar verbunden.

Nach erfolgreichem KV-Abschluss arbeitete er im Tessiner Treuhandgewerbe und lernte die Standards und Usanzen dieses Geschäftes zu Beginn der 1980er Jahre kennen. Mehr dazu auf meinem Buch Swiss Connection

1987 stellte ihn Marcel Ospel bei Merrill Lynch an, der 2008 gecrashten US-Investmentbank, die ihre Zürcher Büros damals im gleichen Backsteinbau beim Bahnhof Stadelhofen hatte, wo auch Max Frisch zu Hause. Ermotti arbeitete in einem "boiler room", wie die Wölfe von der Wall Street die Händlerräume nannten, wo junge Männer Aktienkurse pushen. (Bei einem Ospel-Interview sah ich damals den durch eine Türe direkt von der Strasse zugänglichen Händlerraum, wo Wertschriften per Computer gehandelt wurden.)

In seinen 18 Jahren bei Merrill Lynch lernte Ermotti das anlgo-amerikanische Investmentbankengeschäft neoliberaler Prägung von Grund auf kennen, was auch in Italien registriert wurde.

2005 wechselte er zur grössten italienischen Bank Unicredit, die wenige Jahre zuvor aus dem Zusammenschluss von Credito Italiano und Unicredit entstanden war, und und einen italienischsprechenden Investmentbanker brauchte.

Seine Wurzeln im heimatlichen Lugano vergass Ermotti nie. Als Italo-Banker sass lange Jahre im Verwaltungsrat der Fidinam SA von Tito Tettamanti, ein Amt, das ihn in Verbindung mit den wichtigen Leuten im Italiengeschäft des Finanzplatz Tessin brachte.

2011 ersetzte er Oswald Grübel als UBS-CEO. Grübel hatte nicht verstanden, was es nach der Finanzkrise 2008 geschlagen hatte. Er musste gehen, weil ein kleiner Händler in London mit einer abgestürzten Spekulation eine, oder waren es zwei Milliarden versenkte, obwohl sein Auftrag lautete, das UBS-Investmentbanking herunterzufahren.

Wenn die UBS heute Ermotti zum zweitenmal als CEO holt, dann deshalb, weil er einer der seltenen Schweizer Bankmanager ist, die sowohl das Schweizer, als auch das globale Geschäft verstehen.


Das neue UBSplus-Geschäft

Abgesehen von der auch nicht einfachen Integration des CS-Schweiz-Geschäftes, sowie dem Herunterfahren des Investmentbanking in London und an der Wall Street, hängt der zukünftige Geschäftserfolg Ermottis primär davon ab, ob er es schafft, das globale Vermögensverwaltungsgeschäft der UBSplus der zurzeit entstehenden, neuen Architektur des Weltfinanzsystems anzupassen. 

Der CS-Crash hat den (Petro)Link des Finanzplatzes Schweiz in den Mittleren Osten schockartig gekappt. Die Saudi National Bank (SNB) ist weg, der Katar-Staatsfonds und die Olayan Group auch.

Die reichen Araber wurden von der Schweiz enttäuscht und verloren hierzulande viel Geld. Wie bei Inside Paradeplatz zu lesen ist, suchen die Kataris Käufer für ihre drei Schweizer Luxushotels Bürgenstock, Schweizerhof und  Savoy. 

Gleichzeitig nähert sich Saudi Arabien der auf die Initative Chinas, Russlands und dem Irans entstehenden Alternative zum US-dominierten, dollarbasierten Globalfinanz, die nach dem Untergang der Sowjetunion 1991 entstand. 

In Ergänzung zum Petrodollar erscheinen die neuen Verrechnungswährungen Petroyuan und Petrorubel am Horizont. Und was beim Energiehandel passiert, zeichnet sich auch bei anderen Rohstoffen und Welthandelsprodukten ab.

Wie sich die Ermotti-Kelleher-UBSplus gegenüber der Tendenz zur multipolaren Weltfinanz verhält, entscheidet über die Zukunft der grössten Bank der Schweiz.